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Am 11.11.1951 am Tage an dem Prinz Karneval sein närrisches Treiben beginnt saßen Walter Häuser II, Willi Flach, Ludwig Hildebrand und Karl Antweiler im Gasthaus zum Löwen und warfen die Idee auf auch hier in Nieder-Weisel eine Karnevalsgesellschaft zu gründen. Diese Idee wurde in den Kreisen der Gesellschaft liebenden Weiseler mit einem „Kelau“ willkommen geheißen.
Dies sind die Originalworte aus den Gründungsunterlagen der KG Narrenzunft.
Hiermit möchte ich Sie, meine sehr verehrten Leser begrüßen und einladen, einladen zur Chronik der KG „Narrenzunft“ Nieder-Weisel e.V.
Im Jahr 1951 nahm die wieder gewonnene positive Lebenseinstellung der Menschen in Deutschland immer weiter zu. Die schrecklichen Kriegserlebnisse gehörten der Vergangenheit an. Das heißt nicht, dass sie vergessen waren, vergessen werden sie niemals, aber man wollte sie hinter sich lassen und nach vorne in Zukunft blicken. Es war das Jahr in dem Bundeskanzler Adenauer zusätzlich das Amt des Außenministers übernahm, das Jahr in dem Winston Churchill erneut zum Premierminister Großbritanniens gewählt wurde.
Großbritannien, Frankreich und die USA erklärten nacheinander die Beendigung des Kriegszustandes mit Deutschland. Im April 1951 gewann die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft ihr erstes Auslandsspiel nach Kriegsende in Zürich gegen die Schweiz mit 3:2.
In Hannover wurde die erste Bundesgartenschau eröffnet, auf der Berliner Avus wird zum ersten Mal wieder ein Autorennen ausgetragen und in Bayreuth fanden die ersten Richard-Wagner-Festspiele statt.
Dies sind nur einige Ereignisse, die im Gründungsjahr der KG Narrenzunft stattfanden. Nachdem nun die Idee in Nieder-Weisel einen Karnevalsverein zu gründen freudig begrüßt wurde, trafen sich kurze Zeit später im Gasthaus zum Löwen folgende Personen zur Vereinsgründung:
Gründer der KG „Narrenzunft“ Nieder-Weisel e.V.
Oswald Krausgrill, Fritz Zimmermann, Ludwig Hildebrand, Philipp Häuser III.
Fritz Hildebrand, Walter Häuser II., Karl Antweiler, Fritz Heinz jun.
Karl Mandler, Willi Flach ,Karl Studt III., Konrad Reitz I. u. Konrad Reitz II.
Walter Häuser( † 2014 ) II. Karl Mandler( † 2003 ) (v.L nach Rechts)
Bei diesem ersten Zusammensein wurde ebenfalls folgendes beschlossen:
Zusammenstellung eines Elferrates, Feststellung der Büttenredner, Bestimmen eines Vorstandes.
In einem nächsten Treffen wurde über die Kleidung des Elferrates, die Elferratsmützen, über das Schmücken des Saales und über eine Kapelle gesprochen.
Nachdem alle Vorbereitungen getroffen waren, fand die erste Elferratssitzung am 27.01.1952 im Gasthaus zum Löwen statt. Als Tanzkapelle spielte die Kapelle „Alt Gambach“ auf.
Der erste Elferrat vom 27.01.1952 der KG „Narrenzunft“ Nieder-Weisel e.V.
Karl Mandler ( Sitzungspräsident ),Jakob Häuser III. ( Zeremonienmeister ),Konrad Reitz I., Friedrich Hildebrand, Ludwig Hildebrand, Walter Häuser II., Philipp Häuser III., Karl Studt III., Willi Sehrt, Arthur Krausgrill, Karl Baumann,Otto Adam, Oswald Krausgrill ( Büttenredner ), Karl Antweiler ( Büttenredner), Fritz Zimmermann ( Büttenredner ), Willi Flach ( Büttenredner ),Fritz Heinz (Büttenredner ), Jakob Adam und Konrad Reitz ( Kassierer ).
Zitat aus den Originalunterlagen:
Die erste Gründungs- und Eröffnungssitzung am 27.01.52 zeigte in den Gesichtern des überfüllten Saales zum Löwen eine riesige Spannung. Was wird die kleine Gruppe von Karnevalisten der Gemeinde Nieder-Weisel mit ihrer Schau bieten? Der Abend wurde ein voller Erfolg und endete mit dem Wunsch des Publikums: „Kehret wieder ihr Freunde des Frohsinns und der Heiterkeit, Kelau, Kelau, Kelau.
Dieser ersten Elferratssitzung folgte zwei Wochen später eine zweite und nach wiederum zwei Wochen wurde ein Preismaskenball veranstaltet.
Die Zahl der Mitglieder betrug am 13.02.52 = 21
Ab diesem Zeitpunkt traf man sich einmal im Monat um die Belange des Vereins zu besprechen. Mit der Aufstellung der Vereinsstatuten wurde Arthur Krausgrill beauftragt, ein Wappen wurde von Fritz Heinz entworfen und ein Aushängekasten im Zentrum von Nieder-Weisel angebracht.
Der Gründer, auf den ich in dieser Chronik etwas näher eingehen möchte, ist Karl Antweiler. Er, als Kölner, hat die Fastnacht nach Nieder-Weisel geholt. Durch seine Verbindungen nach Köln organisierte er Musterorden, Lieder und Vorträge, später Karnevalsschlager und auch das Prinzenkostüm. Es versteht sich von selbst, dass er der erste Prinz im Jahre 1952 war. Somit wäre auch die Frage des Ursprungs der Weiseler Fastnacht geklärt.
In Verbindung mit dem Wort Ursprung stellt sich vielleicht dem Einen oder Anderen die Frage: Woher kommt eigentlich die Fastnacht bzw. der Karneval?
Außer einer heidnischen Erklärung, auf die ich aus zeitlichen Gründen nicht näher eingehen möchte, stieß ich bei meinen Recherchen auf den lateinischen Ursprung. Das Wort „carnevale“ bedeutet: „Fleisch wegnehmen“, der Name bezieht sich also wie „Fastnacht“ auf die Fastenzeit vor Ostern. Im Mittelalter machte die Kirche aus der Fastnacht ein christliches Fest. Sie deutete die Fünfte Jahreszeit als Kampf zwischen dem Reich Gottes und der irdischen Pracht, zwischen Gut und Böse. Ein Kampf, bei dem alles erlaubt ist, aber mit dem Beginn des vorösterlichen Fastens am Aschermittwoch beendet sein musste. Auch damals galt also schon: Am Aschermittwoch ist alles vorbei.
Den rheinischen Karneval und seine Wurzeln datiert der Völkerkundler in die Zeit der Französischen Revolution. Die bunten Uniformen und der Elferrat erinnern an die Revolutionstribunale. Die Narren spielten verkehrte Welt, setzten die Alltagsordnung außer Kraft. Auf den Versammlungen der ausschließlich männlichen Komiteemitglieder wurden auch schon bald die ersten Orden verliehen. Als Parodie auf die Ordenwut der deutschen Kleinstaaten und des Militärs. Auch das „militärische“ Auftreten der Karnevalsgarden und der Narhalla-Marsch folgten dieser Tradition. Der Karneval gewann eine politische Dimension, die sich auch heute noch in den zahlreichen politisch-satirischen Reden in der „Bütt“ widerspiegelt. Unter der Narrenmaske sind die gesellschaftlichen Unterschiede aufgehoben, und im Ausnahmezustand werden die sonst üblichen Autoritäten öffentlich vorgeführt. Zum Beispiel auf den Motivwagen im rheinischen Karneval. Z. B. auch in Köln.
Nun zurück zur KG Narrenzunft. Auch unsere Vereinsfarben blau-weiss sind von Karl Antweiler aus Köln nach Nieder-Weisel mitgebracht worden. Nachdem die Aktiven die erste Kampagne erfolgreich hinter sich gebracht hatten, flatterte im Sommer 1952 die erste Einladung des Ober-Mörler Karnevalsvereines für das kommende Jahr ins Haus. Der Vorstand nahm Kontakt zum Karnevalverein Lich auf, mit dem Zweck ein Austauschprogramm der beiden Gesellschaften für die kommende Saison ins Leben zu rufen.
Im Laufe der Zeit gesellten sich zu den befreundeten Vereinen auch Wisselsheim, Bad Nauheim und Griedel.
Die zweite Kampagne verlief analog der ersten. Am Maskenball wurde der Prinz mit einem Fackelzug von seiner Wohnung aus in die Hofburg abgeholt. Die Gaststube wurde mit einer Bar und einer Liebeslaube versehen. Der Eintrittspreis für die Masken betrug DM 1,00 für unmaskierte Teilnehmer DM 1,50.
Ein Lumpenball beendete die Fastnachtszeit 1952-53 mit dem Lied am Aschermittwoch ist alles vorbei.
Im Laufe der Zeit traf man sich regelmäßig im Café Herbel zu Fernsehabenden.
Durch eine Herrensitzung der großen Kölner Karnevalsgesellschaft, durch die Prinzenproklamation, Fremdensitzungen, die neuesten Schlager und den Rosenmontagsumzug holte man sich Ideen und Anregungen, wiederum aus Köln, für die eigenen Aufführungen. Das Gesehene spornte die Akteure an für das Gelingen der weiteren Veranstaltungen.
Was nun kommt, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden sicherlich viele von Ihnen nicht wissen. Mich hat es beim Studieren der Akten fast „vom Hocker gehauen“, ganz besonders wenn ich an den Trinkspruch meines letzten Protokolls denke. Hier ein kurzer Ausschnitt davon:
Seit der Gründung gab es bei der KG
Im Elferrat nur Männer zu seh‘,
Heut Abend ist das die Premiere,
Frauen im Elferrat, welch eine Ehre.
Endlich haben wir Frauen das geschafft,
in der Weiseler Fassenacht.
49 Jahre nur Männer im Elferrat,
dann habe ich das Ganze noch in Wochen und Tagen wiedergegeben doch am dramatischsten hörten sich die 429528 Stunden an.
Niemand hat dies bei mir reklamiert bzw. in Frage gestellt, geschweige denn mich eines Besseren belehrt. Heute Abend muss ich diese Aussage definitiv widerrufen, was ich hiermit auch tue.
Im Jahr 1954 beschloss der Männerelferrat die 2. Fremdensitzung der Kampagne mit einen Damenelferrat zu bestreiten. Bis auf den Präsidenten Horst Hildebrand bestand der Elferrat aus:
Katta Baumann, Anni Bullmann, Gustel Zielinski, Emmi Studt, Mariechen Häuser, Irmgard Flach, Helene Antweiler, Gisela Häuser, Tilli Hildebrand, Gertrud Häuser und als Zeremonienmeister Christel Heinz.
Der seitherige Elferrat saß in den Reihen des Publikums als der Musikverein Nieder-Weisel zum Debüt das Lied spielte: Grüß mir die Heimat, die goldene Wetterau. Dieser Abend, der 28. Februar 1954, ist als die 1. Damensitzung der Wetterau in die Geschichte eingegangen. Hätten Sie’s gewusst ?
Im darauf folgenden Jahr wurde erneut eine Damensitzung initiiert, diesmal mit dem Präsidenten Erwin Bullmann.
Die anfängliche finanzielle Lage der KG Narrenzunft war alles andere als erfreulich. Der Verein schrieb keine schwarzen Zahlen, im Gegenteil, es gab sogar Außenstände. Vieles wurde aus den Taschen der Mitglieder bezahlt und erst im Laufe der Zeit konnte man eine positive Tendenz verzeichnen. Vielleicht lag das auch daran, dass keine ordentliche Mitgliederwerbung betrieben wurde. Es ist nicht unter den Tisch zu kehren, dass die „Karnevalsfamilie“ in den Anfängen mit sich selbst anscheint genug hatte und gar keinen Wert auf neue Mitglieder legte. Für heutige Verhältnisse unvorstellbar.
Die Geselligkeit innerhalb des Vereins wurde intensiv gepflegt. Jährliche Maiwanderungen und Ausflüge standen immer wieder auf der Tagesordnung.
Nachdem Konrad Reitz II. die Geschäfte der KG in der Kampagne 1954/1955 leitete übernahm das Amt des 1. Vorsitzenden für die nächsten fünf Jahre Karl Baumann. Zeitgleich fungierte Erwin Bullmann als Sitzungspräsident. Während dieser Zeit, genauer gesagt im Jahr 1955 sah man Max Leipelt und Hildegard Eickhoff in Butzbach bei einer Veranstaltung tanzen und prompt wurden sie angesprochen ob sie nicht als Tanzpaar nach Nieder-Weisel kommen wollen. Auch hier sind wieder die parallelen zur Kölner Fastnacht gezogen. „Sehr gerne sind wir dieser Einladung gefolgt“, so berichtete mir Frau Eickhoff in einem persönlichen Gespräch. Als Aktive haben beide einen Großteil ihres Lebens dem Karneval gewidmet.
Der Kontakt zu den befreundeten Vereinen wurde, nicht zuletzt durch das Tanzpaar, weiter ausgebaut. Es ging u. a. auch nach Friedberg und zwar nicht nur zum Fastnachtsumzug. Auch zählte man in der Zwischenzeit Nieder-Florstadt, Okarben und Ockstadt zu den befreundeten Vereinen. Der Friedberger Bürgermeister hat sich einmal über den lustigsten Haufen des Friedberger Fastnachtszuges, die Nieder-Weiseler, anerkennend ausgesprochen.
1958 gab es die ersten Zeitungsausschnitte über Veranstaltungen der KG.
1960 fand der erste Kindermaskenball statt. Fünf Musikanten zogen durch das Dorf gefolgt von einer Schar bemalter Kinder zur Löwenhochburg. Mit Bonbons und Würstchen schwebten am Abend dieses Tages alle Kinder auf Wolke sieben.
1961 gab es nach den Prinzen der vergangenen Jahre das erste Prinzenpaar. Es waren Max Leipelt und Hildegard Eickhoff.
Nach ihrer Zeit als Prinzenpaar traten die beiden mit den Nicolas auf. Eine Gesangsgruppe die aus der Nieder-Weiseler Fastnacht nicht mehr wegzudenken war. Ihr gehörten außer unserm Tanzpaar, Erwin und Hermine Nicolai sowie Heinz und Gisela Maier an. Max Leipelt und Hildegard Eickhoff bezauberten ihr Publikum auf vielfältige Weise. Ob im Charleston Kostüm, als Tanzclowns, ob Paris bei Nacht oder spanische Tarantella, Auch mit Gesang und Büttenreden standen die beiden auf der Bühne. Dem Vereinswirt Eugen Mack und seiner Frau Ella galt der Dank des jeweiligen Vorstandes und aller Aktiven für die vielen schönen Stunden in der Löwenhochburg. Dies zieht sich über viele Jahre hinweg durch die Aufzeichnungen der entsprechenden Schriftführer.
Büttenredner seiner Zeit waren u. a. Berthold Michel, unser heutiger 1. Vorsitzender Bernd Wilhelm und Klaus Jürgen Stubenrauch, Als Tonsachverständiger wirkte Herr Uhl und allen unvergessen bleiben wird der Hofmaler Karl Heinz. Heinz Schmidt alias Wüüüüliii fungierte als Redner, im Wagenbau, bei der Organisation von Ausflügen, beim Besuch befreundeter Vereine. Egal um was es sich handelte Heinz war immer zur Stelle.
Ich möchte auch nicht versäumen, das unvergessliche Karlchen aus Okarben, später Ehrenmitglied und ebenfalls fester Bestandteil der Nieder-Weiseler Fastnacht zu erwähnen.